Hintergrundinformation zum LVZ-Artikel „Warum das Leipziger Ordnungsamt in manchen Straßen auf Knöllchen verzichtet“

Hintergrundinformation zum LVZ-Artikel „Warum das Leipziger Ordnungsamt in manchen Straßen auf Knöllchen verzichtet“

Belügt die Stadtverwaltung den Stadtrat?

Ordnungsamt duldet Falschparken in mehr als 70 Straßen. Verkehrswende Leipzig fordert Untersuchungsausschuss zur Arbeit des Ordnungsamtes und Rücktritt von Bürgermeister Rosenthal.

Die Leipziger Volkszeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 25. November 2022 von der Existenz der Duldung des verbotswidrigen Gehwegparkens durch das Ordnungsamt der Stadt Leipzig [1]. Damit teilt die Zeitung eigentlich nichts Neues mit. Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Leipzig erzählen interessierten Bürgern schon seit Jahren, dass die Nichtahndung von Ordnungswidrigkeiten in bestimmten Bereichen „von oben“ angeordnet worden sei.

Der Artikel von Josa Mania-Schlegel stellt einen wichtigen Beitrag für die Beendigung dieser rechtswidrigen Praxis des Ordnungsamtes dar, benennt aber nicht den eigentlichen Skandal. Im Jahr 2022 stellten Bürger der Stadt Leipzig viermal Einwohneranfragen an den Stadtrat zum Thema „Duldung des verbotswidrigen Parkens auf Gehwegen“ [2, 3, 4, 5]. Viermal lautete die Antwort der Stadtverwaltung, es gäbe derartige Duldungen nicht. Viermal belog die Verwaltung also den Stadtrat und die Leipziger Öffentlichkeit – und dies mit Wissen des zuständigen Dezernatsleiters, Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke).

Denn im April 2022 fand laut einem Insider im Haus der IG Metall eine interne Veranstaltung des Dezernates III mit dem Titel „Bürgermeisterdialog“ statt. Seinen Informationen zufolge kamen hier ca. 25 Angestellte der verschiedenen Ämter des Dezernates zusammen. Ein anwesender Mitarbeiter des Ordnungsamtes sprach Rosenthal an und drückte ihm sein Unbehagen über die Praxis der Duldung des verbotswidrigen Parkens aus. Daraus folgt, dass Rosenthal spätestens seit diesem Zeitpunkt Kenntnis von dieser rechtswidrigen Praxis und den rechtswidrigen Anweisungen an die Außendienstmitarbeiter hat.

Unabhängig davon fragte im Sommer ein Leipziger in einer Einwohneranfrage, ob dem zuständigen Bürgermeister Rosenthal die Praxis der Duldung von Gehwegparkenden innerhalb des ihm unterstellten Ordnungsamtes bekannt sei [5]. Darauf teilte die Stadtverwaltung mit: „Die vorstehenden Antworten widerlegen den Ausgangspunkt der Fragestellung an den zuständigen Bürgermeister und sind insoweit gegenstandslos.“ Angesichts der Faktenlage [1] ist die Antwort vom 14. September 2022 falsch. In diesem Zusammenhang wirkt der Nachsatz „Eine Stellungnahme erübrigt sich.“ schlichtweg dreist. Mit anderen Worten: „Es gibt keine Duldungen, daher kann der Bürgermeister davon auch nichts wissen!“

Die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten liegt im Ermessen der Außendienstmitarbeiter. Laut LVZ erklärt Rosenthal in einer E-Mail an eine Landtagsabgeordnete, das Ermessen würde immer „im Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten“ erfolgen [1]. Dies ist in Bezug auf die Duldungspraxis falsch. Denn durch die rechtswidrigen Anweisungen der Vorgesetzten wird der Ermessenspielraum in bestimmten Straßenabschnitten auf Null reduziert. Das bedeutet, dass Außendienstmitarbeiter keinen eigenen Ermessenspielraum mehr haben und untätig bleiben müssen. Diese Praxis des willkürlichen Handelns untergräbt das Prinzip des Rechtsstaates.

Als gewähltes Gremium besitzt der Stadtrat unter anderem die Aufgabe, das Handeln der Verwaltung zu kontrollieren. Falls eine gezielte Duldung vorliegt, hat die Verwaltung gegenüber dem Stadtrat und der Öffentlichkeit mit Wissen und Akzeptanz Rosenthals mehrfach die Unwahrheit gesagt. Mit diesem Verhalten schädigen Rosenthal und die ihm unterstellte Verwaltung die Grundsätze der Demokratie und das Vertrauen der Bürger. Mit ihrem Amtseid haben sich die Verantwortlichen verpflichtet, Verfassung und Recht zu achten und zu verteidigen sowie Gerechtigkeit gegenüber allen zu üben.

Verkehrswende Leipzig fordert daher den sofortigen Rücktritt von Ordnungsbürgermeister Rosenthal. Von anderer Stelle wurde hierzu bereits eine Petition erstellt [6]. Darüber hinaus hält es die Initiative für unabdingbar, die für die Lügen sowie die Praxis der Duldung des Falschparkens Verantwortlichen schnellstmöglich freizustellen und jene Praxis umgehend zu beenden.

Diese Verantwortung verteilt sich auf alle Leitungsebenen: Angefangen von einigen Dienstgruppenleitern der Außenstellen der Verkehrsüberwachung, über den Sachgebietsleiter ruhender Verkehr Herrn Binder, die stellvertretende Amtsleiterin Frau Geißler-Ploog bis hin zum Leiter des Dezernates III Rosenthal – und möglicherweise auch auf den neuen Amtsleiter Herrn Laube. Angesichts dieser komplexen Sachlage hält Verkehrswende Leipzig die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses für erforderlich, um die offensichtlichen Missstände im Ordnungsamt aufzuklären. In diesem Gremium müssen die Ursachen für die Dysfunktionalität der Überwachung des ruhenden Verkehrs sowie die Untergrabung der demokratischen Grundsätze aufgeklärt werden.

Um das Ausmaß des Problems zu visualisieren, hat Verkehrswende Leipzig eine Karte erstellt [7]. In dieser sind Abschnitte eingetragen, in denen Falschparken augenscheinlich geduldet wird oder wurde. Es sind nicht „mehr als 20 Straßen“, wie die LVZ schreibt, sondern mehr als 70. Rot dargestellt sind Abschnitte, in denen Falschparken geduldet wird, grün Abschnitte, in denen die Duldung mittlerweile aufgehoben wurde. Als Quellen dienten Gespräche mit Bürgern und Außendienstmitarbeitern sowie Social Media, öffentliche Berichterstattungen, eigene Beobachtungen und Satelliten- und Streetview-Fotos.

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Quellen

[1] LVZ-Artikel „Warum das Leipziger Ordnungsamt in manchen Straßen auf Knöllchen verzichtet“ vom 25.11.2022
https://www.lvz.de/lokales/leipzig/knoellchen-warum-das-leipziger-ordnungsamt-falschparker-duldet-SAEGBKS7YCVRGFGK62W5F6IXWM.html

[2] Einwohneranfrage: Gehwegparken Erich-Zeigner-Allee/Karl-Heine-Straße
https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/vo020?VOLFDNR=2004966&refresh=false

[3] Einwohneranfrage: Ordnungsamt Leipzig: Untätigkeit, Duldung von Gehwegparken
https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/vo020?VOLFDNR=2005935&refresh=false

[4] Einwohneranfrage: Gehwegparken Lukaer und Hartmannsdorfer Straße
https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/vo020?VOLFDNR=2005716&refresh=false

[5] Einwohneranfrage: Duldung von auf dem Gehweg parkenden PKW
https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/vo020?VOLFDNR=2006005&refresh=false

[6] Petition Rücktritt Heiko Rosenthal
https://www.openpetition.de/petition/online/ruecktritt-heiko-rosenthal

[7] Karte „Geduldetetes Falschparken in Leipzig“
https://umap.openstreetmap.fr/de/map/geduldetes-falschparken-in-leipzig_817209

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