Unsere Solidarität gilt den Menschen in Kiew und der Ukraine
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
der Krieg in der Ukraine betrifft auch uns in Leipzig. Mit Sorge und Grauen verfolgen wir die Ereignisse in unserer Partnerstadt Kiew und der gesamten Ukraine. Danke, dass Sie mit Ihren persönlichen Kontakten nach Kiew und hier in Leipzig die Ukraine-Hilfe engagiert unterstützen. Auch Leipzig steht in einer globalisierten Welt in der Verantwortung. Unser täglicher Ölverbrauch finanziert Putins Krieg. Stellen Sie sich mit der Verwaltung Leipzigs in Gemeinschaft mit den Leipzigerinnen und Leipzigern der Verantwortung in dieser humanitären Katastrophe in der Ukraine.
Wir, Leipziger Unternehmen, Umwelt- und Mobilitätsverbände, fordern Sie deswegen auf:
Ermöglichen Sie sichere, alltagstaugliche, erdölfreie Mobilität für alle Altersgruppen in Leipzig, Herr Oberbürgermeister Jung! Bringen Sie nun gute Infrastruktur für Fuß-, Rad- und Nahverkehr auf den Weg.
88 % der Wege in Leipzig sind kürzer als 10 Kilometer (s. Mobilitätssteckbrief der Stadt Leipzig). Sorgen Sie zusammen mit der Verwaltung dafür, dass die Leipziger Bürgerschaft diese Wege künftig ohne den Einsatz von Erdöl in Leipzig sicher mit dem Rad, komfortabel zu Fuß und preisgünstig mit den LVB zurücklegen können. Sie wissen genauso wie wir: Wer kein Auto fährt, verbraucht auch keinen Sprit. Deswegen brauchen wir jetzt eine sichere, komfortable und für alle Altersgruppen alltagstaugliche Infrastruktur. Das rechtliche Instrumentarium dafür gibt § 45 Abs. 1 Nr. 6 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vor und muss nun schnell genutzt werden.
Wir fordern Sie deswegen in Ihrer Rolle als Oberhaupt der Leipziger Stadtverwaltung auf, diese zu beauftragen, ein Sofortprogramm für sichere, alltagstaugliche, erdölfreie Mobilität für alle Altersgruppen auf den Weg zu bringen:
1. Exklusive Radfahrrouten
Leipzig weist exklusive Radfahrrouten basierend auf dem beschlossenen Hauptnetz Rad aus. Sofern diese als Fahrradstraßen ausgewiesen werden, erhalten diese Routen Modalfilter (Poller), damit der Pkw-Durchgangsverkehr unterbunden wird. Dadurch werden diese Radrouten von der Bevölkerung als sicher und komfortabel angesehen und innerhalb kürzester Zeit als primärer Mobilitätsweg innerhalb Leipzigs angenommen. Die Umsetzung orientiert sich dabei an dem Vorbild der Fahrradstraßen in der Stadt Essen (Ruhr) und an den Vorgaben für Pop-Up-Radwege aus Berlin.
Folgende Radrouten können sofort als Verkehrsversuch nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StVO umgesetzt werden:
SÜDEN: Die Strecke Wilhelm-Leuschner-Platz zum Connewitzer Kreuz über den Peterssteinweg und die Karl-Liebknecht-Straße wird als echte Fahrradstraße ausgewiesen.
OSTEN: Der Täubchenweg im Leipziger Osten wird als Fahrradstraße ausgewiesen. Eine Anbindung bis zum Augustusplatz ist dabei zwingend. Dazu wird mindestens eine Fahrspur ab Einmündung Täubchenweg zum Augustusplatz in beiden Richtungen exklusiv für den Radverkehr ausgewiesen.
NORDEN: In der Gerber- und Eutritzscher Straße wird pro Fahrtrichtung jeweils eine Fahrspur dem Radverkehr als geschützter Pop-Up-Radweg zur Verfügung gestellt. In der Georg-Schumann-Straße werden an den Kreuzungen unterbrochene Radstreifen geschlossen. Dies passiert vorzugsweise, indem an Kreuzungen die rechte Fahrspur in ihrer kompletten Breite (mindestens drei Meter) dem Radverkehr zur Verfügung gestellt wird. Auch die Radstreifen auf der Georg-Schumann-Straße erhalten Baken zum Schutz der Radfahrer.
WESTEN: Die Käthe-Kollwitz-Straße im Westen erhält einen drei Meter breiten, geschützten Pop-Up-Radstreifen und die Lücke der Radinfrastruktur in der Karl-Heine-Straße im Bereich Felsenkeller wird geschlossen. Auch hier erhalten die bereits bestehenden Radstreifen in der Karl-Heine-Straße Baken als Schutzelemente.
Diesem ersten, sofortigen Schritt folgen weitere, wozu die Bevölkerung über ein von der Stadt betriebenes Beteiligungsformat (z. B. Radar) Vorschläge einreichen kann.
2. Flaniermeilen Leipzig
Das Konzept der „Flaniermeilen Leipzig“ von Prof. Heiner Monheim wird aufgegriffen und exklusive Fußwege durch Leipzig werden angeboten. Auf diesen Wegen dürfen wir Leipzigerinnen und Leipziger den gesamten Straßenraum – ähnlich einer „Spielstraße“– vorrangig zu Fuß und zur Begegnung nutzen. Diese Fußverkehrsachsen laufen sternförmig auf das Zentrum zu. Als erste Flaniermeile Leipzigs wird die gesamte Gottschedstraße mit Anbindung an den Waldplatz und die Innenstadt ausgewiesen.
3. Kostengünstiger ÖPNV
Angesichts steigender Benzinpreise ist der ÖPNV in Leipzig relativ zum eigenen Auto billiger geworden. Diesen Vorteil müssen der ÖPNV und die stadteigenen LVB behalten. Der vermehrte Einsatz von Elektrobussen und die Ökostromzertifizierung der von den LVB benötigten Strommenge zeigen, dass die LVB schon auf dem richtigen Weg sind.
Deswegen fordern wir, dass Sie sich für folgende Ziele gegenüber MDV, LVB und der Bundesregierung einsetzen, Herr Oberbürgermeister Jung:
- einen Preisstopp für Ticketpreise, solange der Krieg in der Ukraine andauert, mindestens aber bis 2024
- Schritte zur Einführung des 365-Euro-Tickets bei weitgehender Finanzierung durch Parkraumbewirtschaftung
- perspektivische Preissenkungen und sogar kostenloser ÖPNV in Leipzig, da so im privaten Mobilitätsmix auf fossile Energieträger weitestgehend verzichtet werden kann
Die Zeit drängt. Packen Sie es an, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!