Wanderbäume in Leipzig
Stand der Dinge (Juni 2025)
Seit 2024 (nach Inkrafttreten der neuen Sondernutzungssatzung) lehnt die Leipziger Stadtverwaltung ein gebührenfreies Aufstellen von Wanderbaummodulen im öffentlichen Straßenraum ab und würde dies nur gegen Zahlung von “regulären” Sondernutzungsgebühren gestatten – diese belaufen sich aber auf mehrere Hundert Euro jährlich und machen damit das gesamte Projekt unmöglich.
Die Sondernutzungssatzung ist nach unserer Einschätzung sehr uneindeutig und mit etwas gutem Willen wäre eine geeignete Interpretation durchaus möglich – bisherige Gespräche mit der zuständigen Abteilung beim MTA ließen aber nicht auf Verständnis für die eigentliche Idee schließen. Initiativen von Stadtratsmitgliedern und weitere Schreiben an höhere MTA-Instanzen waren bisher ergebnislos, obwohl immerhin offenbar das Ziel existiert, eine verwaltungsinterne Handlungsanweisung zu erstellen, die wiederum Klarheit schaffen soll. Bisher scheint es dieses Dokument aber nicht zu geben (?).
Standpunkt des MTA
In einem Mailaustausch und Telefonaten wurde vom MTA immer nur auf §32 StVO verwiesen, wonach es verboten ist “Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann” – ohne irgendwelche Hinweise oder Lösungsvorschläge.
Dies ist unstrittig, allerdings erlaubt $46 StVO sowie das Gemeinderecht eben doch eine weitgehende kommunale Selbstbestimmung – sonst dürfte es ja überhaupt keine Sondernutzungen geben. Damit wiederum gilt die Leipziger Sondernutzungssatzung bzw die Entscheidungshoheit liegt beim MTA und §32 StVO ist eigentlich irrelevant.
Nebenbei ist auch fraglich, inwieweit Wanderbaummodule, die exakt gleich wie KFZ o dgl am Straßenrand stehen, eine größere Gefahr oder Behinderung als die KFZ sein sollen.
Handlungsspielräume
Mit der neuen Sondernutzungssatzung vom 20.09.2023 wurde “mobiles Stadtgrün” aus §7 “Erlaubnispflichtige, aber gebührenfreie Sondernutzungen” nach §5 “Erlaubnisfreie Sondernutzungen” verlegt – eigentlich mit der Absicht, eine Begrünung der Stadt durch die Bürgerschaft eben justament zu vereinfachen.
Leider sind die Formulierungen der Satzung recht uneindeutig und werden seitens MTA eben nicht im o.g. Sinne interpretiert. Umgekehrt wäre aber durchaus möglich:
- Anwendung §7 3 b) “Sonstige nachbarschaftliche, kulturelle oder gemeinwohlorientierte Nutzungen ohne Gastronomiebezug mit räumlich abgrenzender Möblierung und Bänken (Parklets u. Ä.).”
- Weil: Was ist ein “Parklet u Ä” – wir sind gern bereit, Umbauten vorzunehmen, so dass die Wanderbaummodule zum “Parklet uÄ” werden. Dies wurde aber seitens MTA ohne Begründung oder Hinweise abgelehnt.
- Anwendung §5 1 und 6
- (1) „Nach dieser Satzung bedürfen folgende Sondernutzungen keiner Erlaubnis, wenn der Fußgängerverkehr mindestens mit einer Breite von 1,50 m aufrechterhalten bleibt und links und rechts vom Blindenleitsystem je 0,60 m Abstand gehalten wird”
- 6) “Blumenkübel, Blumenwagen u.a. temporäre und mobile Grünelemente sowie Bänke bis max.0,60 m Gesamttiefe der Bank vor Geschäften ohne Werbung”
- Weil: Fast alle Unterpunkte von (1) sprechen explizit von “auf dem Gehweg” außer eben Punkt 6 zum “mobilen Stadtgrün” – hier ist nirgends eine Aussage zu “Gehweg” getroffen. Die sonstigen Kriterien von 6) werden durch die Wanderbaummodule eingehalten
- (1) „Nach dieser Satzung bedürfen folgende Sondernutzungen keiner Erlaubnis, wenn der Fußgängerverkehr mindestens mit einer Breite von 1,50 m aufrechterhalten bleibt und links und rechts vom Blindenleitsystem je 0,60 m Abstand gehalten wird”
- Gemeingebrauch, weil die Wanderbaummodule Räder haben und dem Transport einer Sache dienen – damit sind sie eigentlich Fahrzeuge im Sinne StVO und unterliegen damit dem Gemeingebrauch des Straßenraums, so wie jedes andere Fahrzeug auch. Diese Interpretation wurde vom MTA ohne weitere Begründung abgelehnt
Ziel
Unsere Hoffnung mit der neuen Sondernutzungssatzung war eigentlich ein erlaubnis- und gebührenfreies Aufstellen im Straßenraum – genauso, wie andere Menschen ihr Privateigentum im öffentlichen Straßenraum abstellen dürfen (wenn es ein Fahrzeug nach StVO ist), in Leipzig nach wie vor fast überall ohne jegliche Gebühren.
Gerade noch akzeptabel wäre eine Regelung wie es bis 2023 mit der alten Satzung keinerlei Probleme hervorrief: eine Prüfung der Standorte durch das MTA (mit einer Verwaltungsgebühr von 50Eu pro Standort bzw 16Eu für Verlängerungen). Irgendwelche Verträge und Kautionszahlungen sind abzulehnen – eine Verpflichtung des Antragstellers zur Behebung von Mängeln/Gefahren/… sowie Rückbau ließe sich durch einfache Genehmigungsauflagen festlegen.
Ziel muss ein möglichst allgemeiner Passus sein, also in etwa:
- „mobiles Stadtgrün“, also jegliche Art von Bepflanzung in beweglichen (ggf mit Hilfsmitteln) Behältnissen, keine bauliche Veränderung des Standortes
- maximale Grösse wie ein handelsüblicher PKW (oder alternativ eine normgerechte KFZ-Parkfläche)
- mögliche Kombination mit weiteren dem Gemeinwohl dienenden Funktionen (Sitzmöglichkeit, Kunst, Spielgeräte, …)
- nicht-kommerzielle, dem Gemeinwohl dienende Nutzung (auch keine Werbung)
In diesen Fällen dürfen keine Gebühren berechnet werden.
Fazit
Das derzeitige Handeln des MTA widerspricht geradezu der eigentlichen Intention des Stadtrats, der die Änderung des Sondernutzungssatzung in 2023 beschloss, ebenso wie allen anderen Aussagen zum Thema Klimabewusstsein, Mobilitätswende usw usf. zumal es sich bei dem Wanderbaumprojekt um eine gemeinwohlorientierte und nicht-kommerzielle Nutzung handelt.