Kleine feine Merse

Hintergründe

Nach ersten Schritten bereits in der DDR und einem nachfolgenden Stillstand über mehr als 30 Jahre, wird nun eine Umgestaltung der Merseburger Straße zu einem menschenfreundlichen Ort mit Aufenthaltsqualität ernsthaft in Angriff genommen – immerhin auf dem Abschnitt zwischen Karl-Heine-Straße und Aurelienstraße. Die Initiative geht zurück auf einen Antrag des Stadtbezirksbeirats Alt-West aus dem Jahr 2021 und einen darauffolgenden Stadtratsbeschluss im Jahre 2022.

Seitdem betreut das Stadtumbaumanagement Leipziger Westen (SUM) das Projekt „Kleine feine Merse“. Auch der Ökolöwe hat seit Jahren mitgearbeitet und während der Europäischen Mobilitätswoche 2022 konnten (organisiert durch Seecon Ingenieure) die Leipziger:innen und Gäste für eine Woche erleben, welchen Wert solch eine Neugestaltung haben würde. Dabei beteiligte sich Verkehrswende Leipzig mit einem Aktionstag, bei dem unter anderem die ersten Wanderbaummodule entstanden.

Derzeit (Stand Frühjahr 2024) ist der formale Prozess einer Teileinziehung im Gange, der den Abschnitt endgültig in eine Fußgängerzone umwandeln wird. Hierbei gibt es umfangreiche Beteiligungsformate.

Hauptbedenken der Anwohner:innen ist Lärm zu später Stunde. Dies ist zu einem gewissen Grade berechtigt: Aufenthaltsqualität lädt eben zum Aufenthalt ein. Das eigentliche Problem ist aber die mangelnde Aufenthaltsqualität anderswo. Denn alle Straßen sind mit Autos zugeparkt, kein Grün, keinerlei auflockernde Elemente – dort will man nicht sein. Ziel der Arbeitsgruppe des SUM ist eine Lösungssuche, z. B. durch Begrünung, Beteiligung der Gastromonie vor Ort usw.

Verkehrswende Leipzig begleitet diesen Prozess und möchte mit der folgenden Vorher-Nachher-Visualisierung einen Eindruck vermitteln, was sich durch eine solche Umgestaltung gewinnen lässt:

Visualisierung © Hannes Wilke
So könnte und sollte es am Ende aussehen … ein lebenswerter urbaner Ort für Menschen. Die Umgestaltung könnte auch beispielhaft für andere Straßenzüge in Leipzig sein.

Außerdem ist der gesamte Vorgang insofern bemerkenswert, weil der Stadtrat erstmals seit langem die Möglichkeiten des Sächsischen Straßengesetzes nutzt, einen Straßenabschnitt „einzuziehen“ und nur für einzelne Benutzungen freizugeben – hier für Fuß- und Radverkehr (sowie Lieferungen). Diese Variante unterscheidet sich insofern von sonstigen Umgestaltungen (wie z.B. Tempo 30, Fußgängerüberwege, …), dass:

  • die Entscheidungshoheit beim Stadtrat liegt (Tempo 30 usw werden durch die Straßenverkehrsbehörde angeordnet – der Stadtrat kann bestenfalls eine Prüfung verlangen)
  • die Hürden dafür viel niedriger sind (für Tempo 30 usw verlangen Gesetze und Regelungen auf Bundesebene allerlei Nachweise für Gefährdungen etc., die viel schwerer zu erbringen sind – auch wenn der gesunde Menschenverstand eigentlich sagen würde, dass der Fall völlig klar ist. Die StVO als Bundesgesetz bevorzugt nach wie vor ein ewig vorgestriges auto-zentrisches Weltbild)